Elektronische Rechnungen sind im B2B-Bereich zukünftig verpflichtend. Entsprechende umsatzsteuerrechtliche Regelungen sind im Wachstumschancengesetz vom 27.3.2024 (BGBl 2024 I Nr. 108) enthalten. Wir geben einen Überblick über die neuen Regelungen zur E-Rechnung.
Hintergrund
Im Rahmen der ViDA-Initiative der EU-Kommission ist die Einführung eines elektronischen Meldesystems geplant, das u. a. die bisherigen Zusammenfassenden Meldungen (ZM) ersetzen soll. Nach dem bisherigen Zeitplan sollten die Änderungen 2028 in Kraft treten, der aktuelle Kompromissvorschlag sieht eine Verschiebung auf den 1.7.2030 vor. In Vorbereitung auf die Neuerungen ist bereits eine geänderte Definition des Begriffs "Elektronische Rechnung" (Art. 217 MwStSystRL) vorgesehen.
In Deutschland kursierte seit Mitte April 2023 ein Diskussionsentwurf zu einer verpflichtenden elektronischen Rechnungstellung, der zwischenzeitlich in den Referenten- und nachfolgend in den Regierungsentwurf des Wachstumschancengesetzes eingegangen war. Nach mehreren Änderungen im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens hat der Bundesrat dem Vermittlungsergebnis zum Wachstumschancengesetz am 22.3.2024 zugestimmt. Um die E-Rechnungspflicht bereits im Vorgriff auf die EU-weiten ViDA-Maßnahmen umsetzen zu können, bedurfte es einer ausdrücklichen Genehmigung durch den EU-Rat. Diese war mit Durchführungsbeschluss vom 25.7.2023 erfolgt.
Hinweis: Das BMF hatte im Oktober 2023 mit einem Schreiben an die Verbände bereits zu einigen Fragen im Zusammenhang mit der geplanten Einführung der obligatorischen elektronischen Rechnung Stellung genommen (BMF, Schreiben v. 2.10.2023, III C 2 – S 7287-a/23/10001 :007, veröffentlicht beim DStV; siehe hierzu auch diese News). Dieses Schreiben stellte jedoch nur einen ersten Schritt dar. Die Finanzverwaltung (BMF und oberste Finanzbehörden der Länder) wollen die Einführung der verpflichtenden elektronischen Rechnung weiter begleiten und Anwendungs- und Zweifelsfragen möglichst zeitnah klären. Zu diesem Zweck wurde im Juni 2024 auch der Entwurf eines Einführungsschreibens zur E-Rechnung veröffentlicht ( BMF, Schreiben (Entwurf) v. 13.6.2024, III C 2 - S 7287-a/23/10001 :007; siehe hierzu auch die Kommentierung). Die Veröffentlichung des finalen Einführungsschreibens soll dem Vernehmen nach Ende Oktober 2024 erfolgen. Außerdem soll es einen begleitenden Frage-Antwort-Katalog (FAQ) geben.
Was ändert sich?
Hinweis: Der Bundestag hatte das Wachstumschancengesetz am 17.11.2023 in 2./3. Lesung verabschiedet. Der Bundesrat hatte zu dem Gesetz am 24.11.2023 den Vermittlungsausschuss angerufen. Die nachfolgenden Ausführungen berücksichtigen den finalen Stand in Form des Vermittlungsergebnisses vom 21.2.2024, dem der Bundestag am 23.2.2024 und der Bundesrat am 22.3.2024 zugestimmt haben. Dieser unterscheidet sich hinsichtlich der Regelungen zur elektronischen Rechnung inhaltlich nicht von der ursprünglich vom Bundestag verabschiedeten Fassung.
Zunächst einmal muss man sich an neue Begriffsdefinitionen gewöhnen (§ 14 Abs. 1 Satz 2 ff. UStG n. F.). Unterschieden wird dann (ab 1.1.2025) zwischen elektronischen Rechnungen (in der Gesetzesbegründung noch als eRechnungen bezeichnet, im Entwurf im Entwurf des Einführungsschreibens als E-Rechnungen) und sonstigen Rechnungen.
Eine elektronische Rechnung (§ 14 Abs. 1 Satz 3 UStG n. F.) ist danach eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht. Das strukturierte elektronische Format muss der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung und der Liste der entsprechenden Syntaxen gem. RL 2014/55/EU entsprechen (und damit der CEN-Norm EN 16931).
Wichtig: Abweichend vom Regierungsentwurf kann das strukturierte elektronische Format der elektronischen Rechnung auch zwischen Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger vereinbart werden. Aus der elektronischen Rechnung im vereinbarten Format müssen sich dann allerdings die nach dem UStG erforderlichen Angaben richtig und vollständig in ein Format extrahieren lassen, das der o.g. europäischen Norm entspricht oder mit dieser interoperabel ist (§ 14 Abs. 1 Satz 6 Nr. 2 UStG n. F.). Ist dies gegeben, sind z. B. auch über EDI-Verfahren ausgestellte Rechnungen, deren Formate nicht der CEN-Norm EN 16931 entsprechen, weiterhin zulässig. Die gewählte Formulierung ist technologieoffen und gilt damit auch für weitere – ggf. neue – elektronische Rechnungsformate.
Erfüllt werden die Formatanforderungen z.B. von der XRechnung, die u. a. im öffentlichen Auftragswesen bereits zum Einsatz kommt, oder dem hybriden ZUGFeRD-Format (Kombination aus PDF-Dokument und XML-Datei). Dies hat das BMF in seinem Schreiben v. 2.10.2023 an die Verbände und in dem Entwurfsschreiben vom 13.6.2024 ausdrücklich bestätigt (für ZUGFeRD erst ab Version 2.0.1). Auch andere Rechnungsformate, die nicht explizit in dem Schreiben genannt wurden, können jedoch grundsätzlich die Anforderungen erfüllen. Dies gilt auch für europäische Rechnungsformate wie "FatturaPA" (Italien) oder "Factur-X" (Frankreich; entspricht dem deutschen ZUGFeRD-Format).
Hinweis: Bei hybriden Rechnungsformaten soll künftig der strukturierte Teil der führende sein (entgegen Abschn. 14.4 Abs. 3 Satz 4 UStAE in der aktuellen Fassung). Weicht der (menschenlesbare) Bildteil hinsichtlich der Rechnungsangaben vom (maschinenlesbaren) strukturierten Teil ab, kann dies zu einer § 14c-Problematik führen (vgl. BMF, Schreiben (Entwurf) v. 13.6.2024, Tz. 28).
Tipp: Ausführliche Informationen zu XRechnung und ZUGFeRD finden Sie im Beitrag „XRechnung: So stellen Sie erfolgreich um“.
Unter den Begriff der sonstigen Rechnung fallen Papierrechnungen, aber auch Rechnungen, die in einem anderen elektronischen Format übermittelt werden.
Wichtig: Eine per E-Mail versandte PDF-Rechnung gilt demnach ab 2025 nicht mehr als elektronische Rechnung!
Die neuen Definitionen gelten bereits ab dem 1.1.2025, auch wenn die Verpflichtung zur elektronischen Rechnungstellung de facto erst später greift.
Verpflichtung zur elektronischen Rechnungstellung
Unternehmer sind grundsätzlich berechtigt, eine Rechnung auszustellen, wenn sie eine Lieferung oder sonstige Leistung ausführen. Erbringen sie diese Leistung an einen anderen Unternehmer, sind sie sogar zur Rechnungstellung verpflichtet, wenn der Umsatz nicht nach § 4 Nr. 8 – 29 UStG steuerbefreit ist. Für die Rechnungstellung haben Unternehmer 6 Monate (ab Ausführung der Leistung) Zeit. An diesen grundsätzlichen Regelungen ändert sich im Rahmen des Wachstumschancengesetzes nichts, auch wenn der Gesetzestext angepasst wird. Neu ist dagegen die Verpflichtung zur elektronischen Rechnungstellung (§ 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UStG n. F.).
Wer ist betroffen?
Die Verpflichtung, eine elektronische Rechnung im o.g. Sinne auszustellen, betrifft nur Leistungen zwischen Unternehmern (B2B). Zudem müssen leistender Unternehmer und Leistungsempfänger im Inland (bzw. Gebiete nach § 1 Abs. 3 UStG) ansässig sein.
Hinweis: Ansässigkeit im Inland erfordert Sitz, Geschäftsleitung oder eine (am betreffenden Umsatz beteiligte) Betriebsstätte im Inland; existiert kein Sitz, reichen auch Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Inland (§ 14 Abs. 2 Satz 3 UStG n. F.). Eine umsatzsteuerliche Registrierung in Deutschland ohne gleichzeitige Ansässigkeit würde demnach keine Verpflichtung zur elektronischen Rechnungstellung auslösen.
Im Entwurf seines Einführungsschreibens (Tz. 14) stellt das BMF klar, dass die Regelungen zur verpflichtenden Verwendung von E-Rechnungen auch für folgende Sachverhalte gelten:
Rechnungsausstellung in Form einer Gutschrift (§ 14 Abs. 2 Satz 5 UStG) sowie für Rechnungen
- über Umsätze, für die der Leistungsempfänger die Steuer schuldet (Reverse-Charge-Verfahren, § 13b UStG),
- die von Kleinunternehmern (§ 19 UStG) ausgestellt werden,
- über Umsätze, die der Durchschnittssatzbesteuerung für land- und forstwirtschaftliche Betriebe unterliegen (§ 24 UStG),
- über Reiseleistungen (§ 25 UStG) und
- über Umsätze, für welche die Differenzbesteuerung (§ 25a UStG) angewendet wird.
Die Verpflichtung gilt auch, wenn der Rechnungsempfänger Kleinunternehmer bzw. Land- und Forstwirt ist oder ausschließlich steuerfreie Umsätze (z. B. Vermieter einer Wohnung) ausführt.
Wichtig: Von der Verpflichtung, elektronische Rechnungen auszustellen, wären nach derzeitigem Stand künftig auch z.B. Vermieter betroffen, die mittels Option (§ 9 UStG) steuerpflichtig an andere Unternehmer vermieten - darauf weist StB Prof. Radeisen hin. Bisher konnte z.B. der Mietvertrag als Rechnung genutzt werden.
Hinweis: Lt. Finanzverwaltung soll es bei Dauerschuldverhältnissen (z. B. Mietverhältnis) ausreichen, wenn für den ersten Teilleistungszeitraum eine E-Rechnung ausgestellt wird und der entsprechende Vertrag als Anhang beigefügt wird oder sich aus dem sonstigen Inhalt klar ergibt, dass es sich um eine Dauerrechnung handelt (vgl. BMF, Schreiben (Entwurf) v. 13.6.2024, Tz. 38).
Ab wann gilt die Verpflichtung zur E-Rechnung?
Die grundsätzliche Verpflichtung zur elektronischen Rechnungstellung gilt ab 1.1.2025. Angesichts des zu erwartenden hohen Umsetzungsaufwandes für die Unternehmen hat der Gesetzgeber jedoch Übergangsregelungen (§ 27 Abs. 38 UStG n. F. (gem. Vermittlungsergebnis v. 21.2.2024, zuvor Abs. 39) für die Jahre 2025 bis 2027 vorgesehen. Diese sind in der vom Bundestag verabschiedeten Gesetzesfassung nochmals etwas großzügiger als im Regierungsentwurf:
Bis Ende 2026…
dürfen für in 2025 und 2026 ausgeführte B2B-Umsätze weiterhin Papierrechnungen übermittelt werden. Auch elektronische Rechnungen, die nicht dem neuen Format entsprechen, bleiben in diesem Zeitraum zulässig, allerdings ist hierfür (wie bisher) die Zustimmung des Rechnungsempfängers erforderlich (§ 27 Abs. 38 Nr. 1 UStG n. F.).
Bis Ende 2027…
dürfen für in 2027 ausgeführte B2B-Umsätze weiterhin Papierrechnungen übermittelt werden. Auch elektronische Rechnungen, die nicht dem neuen Format entsprechen, bleiben in diesem Zeitraum zulässig; wie in 2025 und 2026 (s. o.) ist hierfür die Zustimmung des Rechnungsempfängers erforderlich; zusätzliche Voraussetzung ist allerdings, dass der Rechnungsaussteller einen Vorjahresumsatz (Gesamtumsatz nach § 19 Abs. 3 UStG) von max. 800.000 EUR hat (§ 27 Abs. 38 Nr. 2 UStG n. F.).
Unternehmer, deren Vorjahresumsatz (2026) diese Grenze überschreitet, haben aber noch die Möglichkeit, Rechnungen auszustellen, die mittels elektronischem Datenaustausch (EDI-Verfahren nach Art. 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. L 338 v. 28.12.1994, S. 98)) übermittelt werden. Dies gilt für Umsätze, die in 2026 bzw. 2027 ausgeführt wurden, auch dann, wenn keine Extraktion der erforderlichen Informationen in ein Format erfolgt, das der europäischen Norm entspricht oder mit dieser kompatibel ist.
Ab 2028…
sind die neuen Anforderungen an die E-Rechnungen und ihre Übermittlung dann zwingend einzuhalten. Damit werden auch die Voraussetzungen geschaffen für das im Koalitionsvertrag vorgesehene Meldesystem bzw. die EU-seitig geplanten ViDA-Maßnahmen. Um die Ausgestaltung des strukturierten elektronischen Formats der elektronischen Rechnungen im Verordnungswege näher bestimmen zu können, wurde in § 14 Abs. 6 UStG n. F. eine neue Ermächtigung für das BMF aufgenommen.
Wichtig: Das EDI-Verfahren kann weiterhin genutzt werden, sofern die für die Umsatzsteuer erforderlichen Informationen so aus dem verwendeten Rechnungsformat richtig und vollständig extrahiert werden können, dass das Ergebnis der CEN-Norm EN 16931 entspricht oder mit ihr kompatibel ist. Von den Verbänden war zuvor gefordert worden, dass etablierte Verfahren wie EDI auch über den 31.12.2027 weiter anwendbar bleiben. So befürchtete z.B. der DIHK weitreichende Folgen für die Unternehmen, wenn E-Rechnungssysteme, die nicht vollumfänglich den neuen Vorgaben genügen, dann nicht mehr betrieben werden dürften. Mit der nun verabschiedeten Regelung ist man den Forderungen der Wirtschaft entgegengekommen.
Hinweis: Das BMF hatte in dem Verbändeschreiben v. 2.10.2023 bereits angekündigt, dass "an einer Lösung gearbeitet [wird], die die Weiternutzung der EDI-Verfahren auch unter dem künftigen Rechtsrahmen so weit wie möglich sicherstellen soll". Dabei sei allerdings nicht auszuschließen, dass im Hinblick auf die spätere Einführung eines transaktionsbezogenen Meldesystems technische Anpassungen erforderlich werden. Der Umstellungsaufwand solle aber auf das Notwendige begrenzt werden.
Was gilt für Rechnungsempfänger?
Die neue E-Rechnungspflicht gilt wie dargestellt grundsätzlich ab 1.1.2025. Unabhängig davon, ob ein inländisches Unternehmen als Rechnungsaussteller elektronische Rechnungen entsprechend den neuen Anforderungen im strukturierten Format ausstellt (und demnach die o.g. Übergangsregelungen nicht in Anspruch nimmt), müssen inländische unternehmerische Rechnungsempfänger also bereits ab 1.1.2025 in der Lage sein, elektronische Rechnungen nach den neuen Vorgaben zu empfangen. Anders als bisher ist die elektronische Rechnungstellung auch nicht an eine Zustimmung des Rechnungsempfängers geknüpft; diese ist nur noch für elektronische Rechnungen erforderlich, die nicht den neuen Vorgaben entsprechen bzw. in den Fällen, in denen keine E-Rechnungspflicht besteht (z. B. bei bestimmten steuerfreien Umsätzen oder Kleinbetragsrechnungen).
Hinweis: Bei Rechnungen an Endverbraucher (B2C) bleibt deren Zustimmung Voraussetzung für die elektronische Rechnungstellung.
Wichtig: StB Prof. Radeisen weist darauf hin, dass auch Unternehmer, die selbst nur steuerfreie Leistungen erbringen (z.B. Wohnungsvermieter, Ärzte) künftig in der Lage sein müssen, elektronische Rechnungen im strukturierten Format empfangen und archivieren zu können. Dasselbe dürfte u.E. auch für Betreiber von PV-Anlagen gelten, unabhängig davon, ob sie die Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG) in Anspruch nehmen oder nicht.
Hinweis: Ursprünglich wollte die Bundesregierung die Unternehmen noch vor Ende 2024 mit einem kostenlosen Angebot zum Erstellen und zur Visualisierung elektronischer Rechnungen unterstützen. Dies war insbesondere für Unternehmen gedacht, die nur wenig bis gar keine B2B-Umsätze ausführen oder überhaupt nur geringfügig tätig sind. Nach einer Prüfung durch das BMF wurde jedoch entschieden, dass ein solches Tool (in Konkurrenz zur Privatwirtschaft) nicht zur Verfügung gestellt werden kann (vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion CDU/CSU - Drucksache 20/12563 - , BT-Drucks. 20/12742, S. 4).
Die neue gesetzliche Regelung enthält keine Vorgaben zum Übermittlungsweg von elektronischen Rechnungen. Für den Empfang einer elektronischen Rechnung wird daher auch ein E-Mail-Postfach ausreichen. Neben dem Versand per E-Mail kommen auch die Bereitstellung der Daten mittels elektronischer Schnittstelle oder ein Download über ein Kundenportal in Betracht (vgl. BMF, Schreiben (Entwurf) v. 13.6.2024, Tz. 32).
Gutschriften weiterhin möglich
Eine Abrechnung per Gutschrift (= Rechnungstellung durch den Leistungsempfänger) wird weiterhin zulässig sein, sofern dies (wie bisher) vorher vereinbart wurde. Auch eine Rechnungstellung durch Dritte im Namen und für Rechnung des Unternehmers ist weiterhin möglich.
Ausnahmen von der Verpflichtung
Nicht in jedem Fall ist eine E-Rechnung im o.g. Sinne verpflichtend. So können z. B. Kleinbetragsrechnungen (§ 33 UStDV) weiterhin als "sonstige Rechnungen" im o.g. Sinne übermittelt werden, also z.B. in Papierform. Gleiches gilt für Fahrausweise (§ 34 UStDV).
Wichtig: Bei Kleinbetragsrechnungen ist der Gesamtbetrag der Rechnung für die Vereinfachung maßgeblich, auch wenn nicht für alle mit der Rechnung abgerechneten Leistungen eine E-Rechnungspflicht besteht (und ggf. der Anteil der E-Rechnungspflichtigen Leistungen unter 250 EUR liegt). Übersteigt der Gesamtbetrag 250 EUR, braucht es also eine E-Rechnung (vgl. BMF, Schreiben (Entwurf) v. 13.6.2024, Tz. 20).
Rechnungsberichtigung
Eine ausgestellte E-Rechnung kann vom Rechnungsaussteller berichtigt werden. Da für die Berichtigung die gleichen Anforderungen wie in § 14 UStG gelten, muss die Berichtigung einer E-Rechnung ebenfalls in der für diese vorgeschriebenen Form (unter Verwendung des entsprechenden Dokumententyps) erfolgen. Es reicht nicht aus, wenn die fehlenden oder unzutreffenden Angaben in einer anderen Form übermittelt werden (vgl. BMF, Schreiben (Entwurf) v. 13.6.2024, Tz. 40.). Hinsichtlich der Rückwirkung einer wirksamen Berichtigung verweist die Finanzverwaltung auf das BMF-Schreiben v. 18.9.2020, BStBl 2020 I S. 976).
Bei einer Änderung der Bemessungsgrundlage (§ 17 UStG) ist auch bei einer E-Rechnung keine Berichtigung des Steuerbetrags in der ursprünglichen Rechnung notwendig.
Vorsteuerabzug
Die Finanzverwaltung äußert sich in ihrem Entwurfsschreiben v. 13.6.2024 auch zum Vorsteuerabzug (Tz. 45-50): In Fällen, wo eine E-Rechnung verpflichtend ist, erfüllt auch nur diese die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechnung. Eine sonstige Rechnung berechtigt danach dem Grunde nach nicht zum Vorsteuerabzug. Sie kann aber durch eine E-Rechnung berichtigt werden, die auf die ursprüngliche Rechnung spezifisch und eindeutig Bezug nimmt. Auch hier ist eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Ausstellung der sonstigen Rechnung möglich.
Auch ohne Rechnungsberichtigung ist nicht alles verloren: Die Finanzverwaltung will einen Vorsteuerabzug zulassen, sofern sie über alle Angaben verfügt, um die materiellen Voraussetzungen zu prüfen. Die Angaben aus einer sonstigen Rechnung sind hier als mögliche objektive Nachweise zu berücksichtigen.
Hinweis: Da für diese Prüfung ein strenger Maßstab gelten soll, empfiehlt sich dies nur als Notlösung.
Großzügig ist die Finanzverwaltung auch im Zeitraum der Übergangsregelungen (1.1.2025 – 31.12.2027). So soll der Vorsteuerabzug nicht allein deswegen versagt werden, weil die Rechnung im falschen Format ausgestellt wurde. Voraussetzung: Der Rechnungsempfänger konnte davon ausgehen, dass der Rechnungsaussteller die Übergangsregelungen (§ 27 Abs. 38 UStG) in Anspruch nehmen konnte.
Aufbewahrung
Die Ausführungen des BMF zur Aufbewahrung von E-Rechnungen fallen im Entwurfsschreiben v. 13.6.2024 recht knapp aus (Tz. 51, 52): Der strukturierte Teil einer E-Rechnung muss danach in seiner ursprünglichen Form und unveränderbar aufbewahrt werden. Das Gleiche gilt für Aufzeichnungen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind (z. B. Buchungsvermerke), und in einem zusätzlichen übersandten Dokument enthalten sind.
Entscheidend ist, dass die Finanzverwaltung die aufbewahrten E-Rechnungen (bzw. den strukturierten Teil) maschinell auswerten können muss.
Im Übrigen wird auf das BMF-Schreiben v. 28.11.2019, BStBl 2019 I S. 1269, Rz 130 ff. verwiesen.
Ausblick
An der elektronischen Rechnungstellung führt kein Weg vorbei, zumal die Effizienzvorteile der automatischen Verarbeitung strukturierter Rechnungsdaten auf der Hand liegen. Im öffentlichen Auftragswesen sind elektronische Rechnungen in diesem Sinne bereits verpflichtend und auch im privaten Sektor erwarten immer mehr Unternehmen von ihren Geschäftspartnern, dass diese in der Lage sind, elektronische Rechnungen zu empfangen und zu versenden. Insofern wächst der Umstellungsdruck unabhängig von den Zeitplänen der nationalen oder EU-seitigen Gesetzgebung. Da Zeit- und Ressourcenaufwand für die Umstellung je nach Unternehmensgröße und Systemlandschaft erheblich sein können, empfiehlt es sich, entsprechende Projektstrukturen zeitnah zu implementieren, sofern das noch nicht geschehen ist. Das erleichtert eine fristgerechte Umsetzung, sobald die rechtlichen und technischen Details endgültig feststehen.
Hinweis: Der Bundesrat hat sich für eine Verschiebung des Umsetzungszeitpunktes für die Einführung der obligatorischen elektronischen Rechnung um 2 Jahre ausgesprochen (Beschlussempfehlung; BR-Drucks. 433/1/23). Nach seiner Auffassung sollte auch der Empfang elektronischer Rechnungen erst ab dem 1.1.2027 verpflichtend sein. In den Ausschussberatungen wurden Zweifel geäußert, ob die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen von den betroffenen Unternehmen rechtzeitig umgesetzt werden könnten. Außerdem habe die erforderliche Überarbeitung der CEN-Norm EN 16931 für den B2B-Bereich gerade erst begonnen und sei möglicherweise erst Ende 2024 oder später abgeschlossen. Das Wachstumschancengesetz in seiner finalen Fassung, dem auch der Bundesrat am 22.3.2024 zugestimmt hat, enthält jedoch keine Anpassung der o.g. Übergangsregelungen.
Auf europäischer Ebene wird ebenfalls über eine Verschiebung der ViDA-Maßnahmen diskutiert. Ein aktueller Kompromissvorschlag sieht vor, die ursprünglich für 2028 vorgesehene Einführung einer E-Rechnungspflicht zusammen mit einem transaktionalen grenzüberschreitenden Meldesystem auf den 1.7.2030 zu verschieben.
Tipps der Redaktion:
Online-Seminarpaket "Fit für die E-Rechnung"
Durch viele praktische Beispiele, Schaubilder und Checklisten können Sie das in der Online-Seminar-Reihe (Haufe Onlinetraining) erworbene Know-how anwenden und an Ihre Mandantschaft weitergeben.
Whitepaper "Chancen und Herausforderungen für Steuerkanzleien"
Lesen Sie in diesem kostenlosen Whitepaper, welche Chancen und Herausforderungen sich durch die Einführung der verpflichtenden E-Rechnung für Steuerkanzleien ergeben.